Wer hätte das gedacht: Nachdem ich als Kleinkind in Dorf Tirol laufen lernte, als Jugendliche von Aufenthalten in Südtirol genervt und als Studentin froh war um günstige Urlaube in der familieneigenen Wohnung – entdeckte ich in den vergangenen Jahren diese Region nochmal von einer anderen Seite. Und ich muss sagen: Ich habe mich verliebt. In die Gegend rund um Meran und den Ort Dorf Tirol – der mit Palmen und Bergen verzaubert.
Vielleicht hängt dieses neue Gefühl aber auch damit zusammen, dass sich der Ort, ja die ganze Region in den vergangenen Jahren sehr gewandelt und richtiggehend aufgehübscht hat. Schon Kaiserin Sissi ließ sich von Land und Leuten verzaubern. Außerdem gibt es für jeden Geschmack und Geldbeutel unzählige Übernachtungsmöglichkeiten.
Jugendtraum erfüllt: eine Übernachtung im Designhotel
Immer wenn ich als Jugendliche oder später als Erwachsene am Gartner vorbeigegangen bin (unsere Wohnung lag in der Nähe), dachte ich mir, ich muss da irgendwann mal übernachten. Gesagt, getan. Und wir waren von unserem Aufenthalt mehr als begeistert. Die Chefin Barbara Gartner begrüßt mit einer unaufgeregten Herzlichkeit und ganz viel Persönlichkeit. Ein besonderer, individueller Stil zieht sich durch das ganze Designhotel, das seit vielen Jahren in Familienbesitz ist. Am Morgen genießen wir das Frühstück auf der Panoramaterrasse mit Blick auf das Meraner Becken und die umliegenden Berge. Mittags sind wir immer unterwegs, aber abends verwöhnt uns die kreative Küche mit mehrgängigen, ausgefallenen Menüs. Der Aufschlag für die Halbpension ist minimal – es lohnt sich auf jeden Fall diese zu buchen. Und wieder verzaubert uns Dorf Tirol – mit seinem Blick auf Palmen und Berge.
Ein Paradies für Wanderer
Dorf Tirol ist vor allem bekannt für seine unzähligen Wanderrouten (wie habe ich Wandern früher gehasst). Einer meiner heute liebsten Wege führt über den Falknerweg in Richtung Schloss Tirol. Auf einer geteerten Straße geht es an grünen Weinbergen vorbei durchs Knappenloch hindurch zum mächtigen Burghügel. Die Festung erzählt eine wechselvolle Geschichte seit seinem Bau um 1100 nach Christus. Heute beherbergt sie das Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte, das 2003 seine Pforten öffnete. Es schildert die Geschichte Tirols von seinen Anfängen bis heute.
Unser Ziel ist der Tappeinerweg, doch davor erwartet uns noch der Schneeweißhof – hier gibt es seit Jahr und Tag den besten Kartoffelsalat der Welt begleitet von einem großen, saftigen Schnitzel. Und die Terrasse bietet den nächsten famosen Blick über das Meraner Becken. Bei St. Peter führt der Kreuzweg direkt auf den Tappeinerweg, oder wir nehmen einen kleinen Umweg über Schloss Thurnstein in Kauf.
Der Tappeinerweg lädt zum Promenieren ein
Am liebsten wandere ich den Tappeinerweg von Gratsch aus. Der etwa vier Kilometer lange Spazierweg schlängelt sich vorbei an den Hängen des Küchelberges bis zum Pulverturm beziehungsweise der Gilfpromenade. Oder ich kürze ab, und nehme auf Höhe des Restaurant Saxifraga die Stufen in Richtung Stadtzentrum. Die beste Zeit, die Promenade über Meran zu erkunden, ist spätnachmittags. Wenn die Sonne warm auf den Rücken scheint (von Gratsch kommend), das Licht sanfter wird und die Kupferdächer der Kurstadt leuchten. Immer wieder begeistern mich die vielen einheimischen Blumen entlang des Weges, hinzu kommt die üppige mediterrane Vegetation sowie unzählige exotische Pflanzen. Und sehr lehrreich ist dieser Spaziergang auch: Denn überall stehen kleine Schilder mit den jeweiligen botanischen Namen.
Je nach Gefühlslage gibt es dann einen Eiskaffee oder einen „Veneto Sprizz“ irgendwo an der Passerpromenade oder wir genießen im Schatten der Pfarrkirche einen Rotwein und etwas Käse (Enoteca Claudia).
Mediterranes Flair mit Tradition
Meran war schon immer in: Die altehrwürdige Kurstadt strahlt eine schlichte Eleganz aus, die bereits Kaiserin Sissi verzauberte. Die Gegend verwöhnt ihre Gäste nicht nur mit dem milden Klima, sondern auch mit üppiger Blumenpracht. Im Frühling berauschen die großen Magnolienbäume an der Promenade, zur Sommerfrische geben mediterrane Pflanzen wie Oleander ihr Bestes.
Bei unserem letzten Besuch der Kurstadt wunderten wir uns über die Blütenpracht allüberall. Während Beete und Rabatten üppig den Frühling begrüßten, standen entlang der Passerpromenade diverse Skulpturen herum. Pflanzenskulpturen! Wir hatten zufällig den Termin des Flower Festival erwischt. Ein vielfältiges Rahmenprogramm ergänzt das bunte Freiluftspektakel im April.
Quirliges Leben und kulinarische Genüsse in der Laubengasse
Wer Lust auf quirliges Leben hat, ist in der Laubengasse am besten aufgehoben. In den Berg- und Wasserlauben reiht sich ein Geschäft an das nächste. Moderne Markenshops warten neben alteingesessenen Geschäften auf Kundschaft. Von außen wirken viele dieser Läden klein und unscheinbar, doch einige gehen schier endlos in die Tiefe. So zum Beispiel der Haushaltswarenladen G. Frasnelli. Oder bietet auf kleinstem Raum eine außergewöhnliche Auswahl wie der Hutmacher Hutter. Ein bisschen abseits des Trubels liegt das Schneideratelier Moujou. Dort werden importierte afrikanische Stoffe in tragbare Einzelstücke verwandelt – und zurzeit werden auch Schutzmasken verkauft.
Für die Gaumenfreuden bietet die Laubengasse ebenfalls einiges. In den Feinkostgeschäften links und rechts gibt es den typischen Südtiroler Speck und Käse ebenso wie Weine aus der Region, beispielsweise von der Weinkellerei Meran. Einkaufen und Genießen lässt sich im Pur auf der Freiheitsstraße miteinander verbinden. Das integrierte Bistro lädt zu einer Verschnaufspause ein. Und falls der Hunger größer ist: Die beste Pizza der Stadt serviert das Principe (Freiheitsstraße Richtung Bahnhof). Die riesige Auswahl lässt keinen Wunsch offen.
Zurück geht es entweder mit dem Bus (wenn ein Hund dabei ist und keiner mehr den Tirolersteig nach Dorf Tirol laufen will) oder mit dem Panoramalift. Dieser wurde in den späten 40er-Jahren erbaut. Über die Jahre verfiel die Anlage, bis sie 1986 erneuert wurde. Seitdem begeistert die luftige Fahrt Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Die einzigartige Aussicht über große Teile des Etschtals gab dem Sessellift seinen Namen.
Ein kaiserlicher Spaziergang: der Sissi-Weg
Kaiserin Elisabeth von Österreich besuchte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrere Male Meran. Das Mikroklima der Kurstadt tat der von Krankheiten gebeutelten Sissi gut. Ihr ist dieser wunderschöne Themenweg gewidmet, der die Gärten von Schloss Trauttmannsdorf mit dem Stadtzentrum verbindet. Vorbei geht’s an herrschaftlichen Villen, verwunschenen Ansitzen, alten Parkanlagen und weiteren Sehenswürdigkeiten wie beispielsweise die Schlösser Rubein, wo 1870 ein Teil des mitgebrachten Hofstaats untergebracht war, und Rottenstein, wo Sissi selbst sich einmal aufhielt. Auf dem Weg liegt auch das Hotel Bavaria, dessen Name an Karl Theodor erinnert, den Lieblingsbruder Sissis und Augenarzt in Meran (Quelle Kurverwaltung Meran).
Über den steinernen Steg geht es entlang der Wandelhallen bis zum Sissi-Park, wo eine Statue der Kaiserin die Spaziergänger begrüßt. Der Themenweg endet auf der Kurpromenade vor dem Kurhaus. Mein Tipp: Mit dem Bus zu den Gärten fahren, und von dort in Richtung Stadtzentrum wandern. Wir gehen den Weg auch gerne andersherum, um im Schloss Pienzenau eine Kaffeepause einzulegen – sehr empfehlenswert ist der Apfelstrudel. Damit sind wir gestärkt für einen Besuch der Gärten von Trauttmansdorff.
Sich treiben lassen in den Gärten von Trauttmansdorff
Zwei von insgesamt vier Kuraufenthalten verbrachte Kaiserin Sissi in Schloss Trauttmansdorff. Und ich verstehe sie: Ich kann nicht genug bekommen von diesen Gärten. Immer wieder entdecke ich etwas Neues, bin zu einer anderen Zeit da, und es blühen andere Pflanzen. Oder es gibt wieder einen neuen Parcours, einen neuen Weg, eine neue Attraktion – von der Sissi-Terrasse bis zum „Matteo Thun’scher Gucker. Und die famosen Ausblicke auf die umliegenden Berggipfel sind ein Traum.
Heute locken die Gärten jährlich Tausende von Besuchern an. Kein Wunder: Während im Frühling unzählige Narzissen und Tulpen, aber auch Kamelien und Zierkirschen ihre leuchtende Pracht zeigen, betören im Sommer duftende Rosen, exotische Seerosen und üppige Hortensien. Vielfarbige Dahlien und reife Früchte wie Feigen beschließen die Saison. Unbedingt mehrere Stunden für einen Rundgang einplanen und auf jeden Fall die „Botanische Unterwelt“ besuchen.
Ein Nachmittag in der Weinkellerei Meran
In Südtirol gibt es kaum schlechtes Wetter… Und wenn ja, dann vertreibt ein Besuch der Kellerei Meran Burggräfler in Marling die schlechte Laune. Das Gebäude besticht mit einem Mix aus alten Gemäuern und moderner Glasarchitektur. Auch wenn eine Führung durch die moderne Kellerei etwas unspektakulär abläuft, die Informationen sind umso interessanter. Auch bei der anschließenden Weinprobe gibt unser Führer sein Wissen witzig und charmant weiter.
Wir erfuhren unter anderem, dass der Vernatsch gekühlt getrunken wird. Und siehe da, plötzlich schmeckte mir die Traube, die ich viele Jahre konsequent gemieden habe.
Die Führungen mit anschließender Weinprobe finden von 1. April bis 30. Oktober immer mittwochs, donnerstags und freitags jeweils um 15 Uhr statt (Anmeldung erforderlich). Mein Tipp: Unbedingt mit dem Bus hinfahren, dann kann die Weinprobe auch etwas länger dauern…
Meine familienbedingte Liebe zum Südtiroler Wein
Während mein Vater früher immer den Meraner Burggräfler trank (Rotwein in Literflasche – ich erinnere mich genau), hat es uns der „roat“ aus der sogenannten Mundartlinie angetan: ein fantastisches Rotwein-Cuvée, in welchem „die Frucht des Vernatschs mit der Eleganz des Blauburgunders und der Geschmeidigkeit des Merlots verschmelzen. In dunklem Rubinrot tritt der „roat“ ins Glas und mit einem Bukett aus roten und dunkle Beerenfrüchten an die Nase. Die abschließenden Aromen von Zartbitterschokolade hallen am Gaumen nach. Dort zeigt das Cuvée seine facettenreiche Fülle und die feingliedrige Gerbstoffstruktur. Dieser ausgesprochen ausdrucksstarke Verschnitt passt ausgezeichnet zu kräftigem, gereiftem Käse und feinem Aufschnitt“. (Quelle Meraner Weinhaus).
Zur „Mundartlinie“ gehören auch das Cuveé „wais“ (Weißburgunder, Ruländer und Sauvignon Blanc), das dezente aromatische Notenverbreitet und nach Salbei, Nektarinen und frischem Apfel duftet. Das Cuveé „rosé“ (Lagrein, Merlot und Blauburgunder), das sich mit fein duftiger Nase und ausgeprägten Noten nach Himbeere, Erdbeere und Kirsche präsentiert. Und das Cuveé „dunkl“ aus Cabernet, Blauburgunder und Merlot. Es duftet intensiv und verführerisch, ist samtig und mit satter Frucht am Gaumen (Beschreibungen und deutscher Vertrieb Beim Südtiroler).
Bevor wir Dorf Tirol, das uns mit Palmen und Bergen wieder einmal verzaubert hat, ganz verlassen, fahren wir jedes Mal zum Marmorwerk Sinich. Dort wartet eigentlich immer der eine oder andere Terrakotta-Topf für zu Hause auf uns. Danach geht’s dann in den Supermarkt von Lana, damit unser Urlaub noch ganz lange kulinarisch nachwirkt.