Conny Schumacher
Sieben Fragen – sieben Antworten

Conny Schumacher liebt Sport seit ihrem siebten Lebensjahr. In der Leichtathletik war sie viele Jahre zu Hause. Geboren am Tegernsee, aufgewachsen in Bayreuth – da lag es nahe, in ihrer Heimatstadt Sportökonomie zu studieren. Im Interview fordert sie auf, mehr Mut zu haben, um neue Wege zu gehen. Auch und gerade in Zeiten von Corona.

Ein Plädoyer für mehr Mut

Ihre Leidenschaft für Sport zieht sich durch ihr gesamtes Berufsleben. Als Dopingkontrolleurin engagierte sie sich für „sauberen Sport“, als Trainerin gibt sie High Performern durch Bewegung ein beschwerdefreies Leben zurück, und als Coach lässt sie Teams die Essenz wahrer Kameradschaft erleben.

Und in Zeiten von Corona plädiert die 55-Jährige mehr denn je dafür, Wege zu gehen, die aus der Komfortzone herausführen. Sieben Fragen, sieben Antworten und ein Plädoyer für mehr Mut! 

Seit 2018 gibt es deinen Slogan „Mach dein Ding“ – wofür steht er?

Mit etwa 50 merkte ich, dass ich als Personal Trainerin eher zu den Älteren gehöre, außerdem rissen bei mir selbst die Verletzungen nicht ab. Auch immer so ein Zeichen, etwas zu ändern. Ich habe viele schöne Sachen als Personal Trainerin erlebt, aber nun wollte ich etwas machen, was ich schon lange im Kopf hatte – eine Wüstentour. Ich recherchierte und kam auf die Negev – eine Steinwüste. Dann ging es Schlag auf Schlag. Wen nimmst du mit? Hier suchte ich Interessierte über Xing. Ich wollte, dass alle auf Augenhöhe sind. Keiner sollte der Leader sein. Ich war gespannt, wie das funktioniert – vor allem unter Extrembedingungen. 2018 gingen wir dann zu zweit, 2019 im Team.

Was macht deine Wüsten-Wanderungen für dich besonders?

Manchmal musst du Wege gehen, die du dir nicht zutraust. Das war bei mir die Wüste Negev. Denn ich bin nicht schwindelfrei, und es gibt Passagen, da musst du einfach weitergehen. Mein Begleiter hat mich ermutigt, und nicht belehrt – das war toll. Zudem habe ich in Israel alles auf engstem Raum gefunden, was mir wichtig ist: Freiheit, Teamgeist, Solidarität. Und das in einem Land, das so zerrissen ist.

Für dieses Jahr hattest du eine Ladies-Tour geplant – warum nur Frauen?

Frauen agieren anders als Männer. Entweder lassen sie sich unterbuttern, oder versuchen die besseren Männer zu sein. Darum geht es auf meinen Touren. Sich selbst zu beobachten und zu analysieren, wie du in der Gruppe funktionierst. Dazu gehört auch, dass wir Frauen unsere Befindlichkeiten im Zaum halten.

Zu unseren Qualitäten gehört nämlich auf jeden Fall die besseren Zuhörer zu sein. Beim Wettbewerbsdenken haben die Männer eindeutig die Nase vorne. Die Wüste lehrt, andere miteinzubeziehen, zu schauen, was leistet der andere. Das lässt sich perfekt auf Mitarbeiter übertragen. Frauen arbeiten hart, sind aber manchmal zu zickig. Deshalb mein Rat: Nicht mit den gleichen Waffen kämpfen wie die Männer, denn Frauen führen menschlicher. Und das ist gut so.
Die Teilnehmer*innen kommen mit einem extremen Glücksgefühl nach Hause. Mit dem Wissen, dass sie etwas geleistet haben, was sich andere schon gar nicht zutrauen.

Wie motivierst du dich und deine Klienten?

Kleinere Ziele zu haben ist für mich das Nonplusultra. Sich körperlich zu fordern, unter anderem mit Bergtouren. Und es geht immer weiter als du denkst… Ein Ausdauererlebnis mit Natur zu verbinden und dann wiederum mit dieser verbunden zu sein. Das gibt mir immer wieder ein Freiheitsgefühl, das auch den Kopf freimacht.
Das versuche ich auch seit über 20 Jahren meinen Kunden zu vermitteln. Den Job als Personal Trainer gab es damals so noch gar nicht. Ich arbeitete zu der Zeit in einem Fitnessstudio. Einem Kunden war es unmöglich ins Studio zu kommen, und da fuhr ich einfach zu ihm ins Büro, um gemeinsam Übungen zu machen. Ab 2006 machte ich es dann hauptberuflich.

Mittlerweile kamen zum Personal Training aber auch deine Coaching-Aktivitäten hinzu – wieso?

Wenn ich mit meinen Kunden zum Laufen gegangen bin, erzählten sie mir spätestens nach der dritten Einheit von ihren Sorgen und Nöten. Damit war ich völlig überfordert – als seelischer Mülleimer zu dienen. Ich startete dann mit einem NLP-Kurs (Neuro-Linguistisches Programmieren) und fühlte mich anschließend besser aufgestellt. Zu der Zeit entwickelte ich auch mein Programm „Fit in Schlips und Pumps“, was 2009 dann zu dem Buch „Fit im Büro“ führte.

Zurück zur aktuellen Corona-Krise: Welches Ding machst du gerade?

Ich schreibe an meinem nächsten Buch. Aber im Gegensatz zu meinen Ratgebern „Fit im Büro“ und „Fit durch … Vitalstoffe“ wird es ein Roman sein. Ein Projekt, das ich immer wieder verschoben habe, und jetzt nutze ich die Zeit.

Was hat die Corona-Krise in deinen Augen generell bewirkt?

Mir gefiel die anfängliche große Solidarität und Hilfsbereitschaft. Das Spüren einer Gemeinschaft, eines gemeinschaftlichen Handelns zum Wohle aller. Das hat mich beflügelt. Aber so langsam kommt das kalte Erwachen. Wenn jetzt alles weiterläuft wie bisher, dann haben wir als Gesellschaft nichts gelernt. Wir sollten auf keinen Fall zur alten Normalität zurückkehren, sondern ich würde mir beispielsweise wünschen, dass systemrelevante Jobs auch weiterhin im Fokus stehen. Dass die Menschen, die in diesen Berufen arbeiten, zukünftig besser bezahlt werden. Vielleicht führt die Corona-Krise dazu, dass wir uns wieder mehr in Richtung sozialer Markwirtschaft bewegen, weg von einer kapitalistischen Gesellschaft, in der es nur noch Arme und Reiche gibt.

Fotos Andreas Schebesta (1), Thorsten Jochim (1)