Captain Cook muss am Pfingstsonntag anno 1770 begeistert gewesen sein: türkisblaues Wasser, ein sieben Kilometer langer, weißer Sandstrand und Inseln soweit das Auge reicht. 74 an der Zahl, größer, kleiner, wie hineingestreut in den pazifischen Ozean. The heart of Great Barrier Reef, so nennen sich die Whitsunday Islands. Und wie passend: Genau am Pfingstwochenende bin ich auf einem Segeltrip rund um die Pfingstsonntagsinseln.
Mit einer Propellermaschine geht es am Flughafen in Brisbane los. Ich hätte die über 900 Kilometer auch mit dem Bus fahren können, aber ein Flug schien mir doch erstrebenswerter. Vor allem, da die Anreise nach Hamilton Island aus der Luft ein paar besondere Blicke versprach. Wenn ich vorab gewusst hätte, wie traumhaft dieser Flug über die Whitsundays wird, hätte ich keine Sekunde gezögert.
Immer wieder schaue ich aus dem Fenster, und plötzlich ist das Meer türkis. Ein Türkis, das alles übertrifft, was ich bis dato gesehen habe. Ein Türkis, das so hell, so klar, so schillernd – einfach atemberaubend intensiv – ist. Ich drücke viele Male auf den Auslöser der Kamera, und hoffe, dass dieses Türkis auf den Fotos zu sehen ist.
Die Ankunft am kleinen Flughafen von Hamilton Island amüsiert mich. Zu Fuß geht es aus der Maschine auf die Rückseite des Gebäudes. Dort fährt auch schon ein kleiner Elektrowagen mit Anhänger vor. Gepäckband gibt es keines, dafür einen weiß gekleideten Typen mit Mikrofon, der erklärt, wie es weitergeht. Die meisten Ankommenden bleiben auf Hamilton Island, einem Paradies wie aus einer Hochglanzbroschüre, dementsprechend luxuriös und teuer.
Zwei Männer streichen gerade die Holzplanken am Fähranleger – auch sie tragen Weiß. Wie mir später jemand erklärt, sei der Dresscode auf dieser Insel sehr strikt. Der Besitzer des Eilands sei zwar vor Kurzem gestorben, aber seine Erben führten vieles in seinem Sinne fort.
Ich setze mich an die kleine Hafenbucht, genieße die Aussicht auf Palmen und Wasser (unglaublich kitschig, wenn es nicht echt wäre) und warte auf meine Fähre, die mich nach Airlie Beach bringen soll.
Währenddessen kommt ein weiterer Weißgewandeter auf mich zu, und fragt, was ich hier mache. “Sitzen, und auf die Fähre warten”, antworte ich, und vermute, dass er mich Backpacker jetzt aus diesem makellosen Paradies verscheucht. “Oh”, meint er, und lacht, weil hier sitze sonst niemand. Wundert mich nicht, denke ich mir, für die meisten wäre der Boden wohl zu hart (für was das Einhorn alles gut ist, ich kann auch darauf sitzen). Aber ich halte meinen Mund. “Hätten Sie gerne eine kleine Erfrischung, Madam?” Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, und erwidere distinguiert, dass ich das sehr schätzen würde. Kurze Zeit später kommt er mit einer kalten Limonade und einem Glas Wasser zurück, und falls ich noch Durst hätte, solle ich mich einfach melden. How lovely, daran könnte ich mich gewöhnen.
Dann ist es auch schon wieder vorbei mit dem Luxus! Meine Fähre kommt, und ich verlasse Hamilton Island. Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, Urlaub machen würde ich hier nicht wollen, ist mir doch alles etwas zu perfekt und geleckt… Die Überfahrt mit der “Seahorse” verläuft ruhig und entspannt, es ist kaum Seegang.
Das nächste Grinsen entlockt mir der Stop am Daydream Island, nicht nur, dass die ankommenden Gäste eine Muschelkette umgehängt bekommen, sondern ein Fotograf lichtet die Herrschaften bei ihrer Ankunft ab. Plötzlich fällt mir ein, woran mich das erinnert: an das Ressort aus dem Film “Dirty Dancing” – wie schräg! Angeblich finden täglich mindesten zwei Hochzeiten auf der Insel statt…
Angekommen in Airlie Beach, habe ich nicht viel Zeit zum Ausruhen: Zwei deutsche Mädels nehmen mich mit in die Partytown. Ich sehe an diesem Abend so viele Trink- und Balzspiele wie schon lange nicht mehr. Egal wer, egal wie viele dafür angequatscht werden müssen, Hauptsache es läuft was. Ich bin komplett außen vor – es sind nur 20-Jährige unterwegs – und kann das muntere Treiben beobachten. Ich amüsiere mich prächtig, Ballermann lässt grüßen!
Ein echtes Highlight neben dem Nightlife in Airlie Beach sind die zwei- bis dreitägigen Segeltörns rund um die Whitsunday Islands. Ich bin lange am Überlegen, ob ich nur einen Tagestrip machen, oder doch eine Nacht auf dem Schiff verbringen soll. Aber nachdem alle, die von ihrem Törn ins Hostel zurückkommen, total gehighlightet sind, springe ich mal wieder über meinen Gemeinschaftsunterkünfte-Schatten.
Und so kommt es, dass ich am Pfingstwochenende mit der “Hammer”, einer ausgemusterten Racing-Yacht, um die Whitsundays segle. Was für ein Zufall – und was für ein Abenteuer! Passend zum Ereignis packe ich zwei Beck’s ein.
Die Ecke gilt als eines der besten Segelreviere der Welt, ich kann zwar nicht beurteilen, ob das stimmt, aber mir reicht die Schieflage unserer Yacht. Was für ein erhebendes Gefühl, wenn unsere Crewmitglieder Courtney und Ruben die Segel hissen und unser Skipper die “Hammer” in den Wind stellt. Er macht sich einen Spaß daraus, die Yacht so durch die Wellen zu segeln, dass wir alle immer wieder eine kalte Dusche abbekommen. Die vorderen Plätze etwas mehr, als diejenigen, die weiter hinten sitzen. Ich verstehe jetzt, warum dieser Sport einen gänzlich in seinen Bann ziehen kann. Zweimal segeln wir eine längere Strecke, dazwischen liegen diverse Ausflüge.
Beim ersten Mal Schnorcheln mache ich noch mit, beim zweiten Mal unterhalte ich mich mit Courtney im Beiboot sitzend – ich bleibe lieber über Wasser. Auch wenn wir so genannte Stinger-Suits anhaben, ich mag keine Quallen. Und Fische habe mich noch nie so fasziniert.
Über den Whitehaven Beach, der einer der schönsten Strände der Welt sein soll (die Superlative stammen nicht von mir), geht’s für die Nacht in eine kleine Bucht. Der weiße Sand und die schillernden Meeresfarben an dem sieben Kilometer langen Strand sind schon toll, aber ich bin irgendwie gefangen von meinem ersten Segelerlebnis.
Am Abend genieße ich den Sternenhimmel und am Morgen die Ruhe. Die Farben des Himmels kommen mir so viel kräftiger vor. Ich sitze stundenlang da und schaue aufs Wasser. Außerdem schmeckt das Essen so viel intensiver!
Unsere Crew macht auch hierbei einen unheimlich guten Job, serviert feine Sandwiches, unglaubliche Tacos, leckeres Hähnchen und diverse Salate. Wahnsinn, wie und was sie alles frisch in der kleinen Kombüse zubereiten.
Obwohl ich in der Nacht nur in Etappen schlafe, gefällt es mir, wie die Yacht leicht von einer Seite auf die andere rollt, als würde sie jemand immer leicht anstupsen. Und angekommen an der Abel Point Marina in Airlie Beach habe ich ein genauso glückliches Grinsen im Gesicht, wie alle anderen! Mal wieder bin ich froh, etwas einfach ausprobiert zu haben…