Gastspiel in der Rosenheimer Heimat am 24. Juni und 1. Juli: Vor sechs Jahren wanderte Josef Prasil der Liebe wegen nach Australien aus, ein Jahr später folgte ihm sein Zwillingsbruder Jan. Geboren und aufgewachsen in Rosenheim, leben die heute 26-Jährigen in Melbourne. Sie teilen nicht nur ein Zimmer, sondern auch ihre Leidenschaft für die Musik.

Ihre Folkband „Amistat“ gründeten sie 2013, seitdem sind als Straßenmusiker oder auf diversen Tourneen unterwegs. Im vergangenen Jahr erschien ihre dritte CD „Parley“. Mit ihren melancholischen Texten und Songs verbreiten sie vor allem bei ihren Auftritten in privaten Wohnzimmern eine intime Atmosphäre. Ein Interview mit Jan Prasil (siehe auch https://www.ovb-online.de/rosenheim/kultur/musikalische-zwillingsmomente-6622033.html)

Jan, Sie sind zwei Minuten jünger als Ihr Bruder – hat das einen Einfluss darauf, wer den Ton angibt?

Nein, eigentlich nicht. Ich war schon immer derjenige, der die Musik komponiert, und Josef spricht von uns beiden besser Englisch. Daher gibt er seinen textlichen Input, und ich gebe den musikalischen Input. Wir respektieren beide Seiten, das funktioniert ganz gut. Wir ergänzen uns einfach.

Hat diese Harmonie damit zu tun, dass Sie Zwillingsbrüder sind?

Auf jeden Fall. Wenn wir etwas schreiben, merken wir beide, wenn es nicht hundertprozentig richtig ist. Auf der anderen Seite wissen wir genau, wann ein Lied fertig ist. Da müssen wir auch nicht groß darüber diskutieren. Wir empfinden einfach gleich, liegen auf der selben Wellenlänge. Das sind diese Zwillingsmomente.

Gibt es auch Momente, wo es schwierig wird?

Hin und wieder kommt schon ein bisschen Konkurrenz auf. Da ich jetzt immer mehr singe, und Josef mit seinen Instrumenten besser wird, sind die Rollen weniger klar verteilt: Was spiele ich, was spielt er, was singe ich, was singt er. Manchmal streiten wir uns da kurz, aber dann teilen wir es gerecht auf. Auch im Hinblick darauf, was das beste für den Song ist. Und das legen wir bereits zu Hause, hier in unserem Zimmer fest – bei Kerzenlicht und Wein. Spontan sind wir hingegen auf der Bühne, wenn es darum geht, wer was sagt.

In Ihren Texten spielen unter anderem Liebe, Freundschaft, Heimat, und die damit verbundenen Gefühle eine große Rolle, sind die Songs deshalb immer einen Hauch melancholisch?

Wir sitzen ja nicht da, und sagen, jetzt schreiben wir mal einen glücklichen Song. Wir schreiben, was wir fühlen. Musik, die aus unseren Herzen kommt, und die Herzen unserer Zuhörer berühren soll. Mit dieser Art von Musik können wir uns verbinden, das sind wir. Und in jedem Song kommt am Schluss auch ein bisschen Hoffnung auf.

Entspricht das Ihrem Lebensgefühl in Australien – melancholisch, aber hoffnungsvoll?

Das erste Jahr war sehr gut, unglaublich erfolgreich. Da hat sich alles richtig angefühlt. Vielleicht weil wir nicht nachgedacht haben. Das zweite Jahr war etwas schwieriger. Und dieses Jahr (Anmerkung: gemeint ist das Jahr 2016) ist bis dato das härteste. Wir organisieren alles selbst, der Markt in Australien wird schwieriger und die Musik, die wir machen, ist hier nicht so populär im Moment. Auf der anderen Seite klingt unser drittes Album das erste Mal so, wie wir wirklich klingen möchten. Vielleicht noch nicht zu 100 Prozent, aber nahe dran. Es ist wichtig, dass man seinen eigenen Stil findet.

Steigt nicht auch der eigene Anspruch von Jahr zu Jahr?

Natürlich, weil alles neu war, war alles cool. Wenn man drei Jahre für seinen Traum lebt, alles aufgibt, dann kommt vielleicht irgendwann mal die Frustration, wenn alles nicht so gut läuft. Hinzukommt: Alltag in Australien ist wie Alltag in jeder Großstadt. Urlaub zu machen ist etwas ganz anderes als hier zu leben.

Wie geht es weiter?

Wir machen jetzt ja eine kleine Deutschlandtour, mit Auftritten in Rosenheim, Leipzig, Berlin, Hamburg und Köln, und noch kommen weitere Stationen hinzu. Außerdem wäre ich glücklich, wenn wir nicht mehr auf die Straßenmusik angewiesen, nicht mehr von ihr abhängig wären. Mein Traum ist es, einfach nur Herumzureisen und Konzerte zu spielen. Und ich wünsche mir, dass wir mit unserer Musik etwas bewirken. Dass unsere Zuhörer nach Hause gehen und etwas mitnehmen. Dass sie sich über das eine oder andere Gedanken machen. Und vielleicht etwas in ihrem Leben ändern, wenn es etwas zu ändern gibt.

2016 in Australien: Bei einem Hauskonzert in Sydney treffe ich zum ersten Mal Josef (von links), Julian und Jan von „Amistat“