In meinem ganzen Leben habe ich noch nie so viel Salzwasser geschluckt. Aber dafür fühlt sich mein Gehirn nach jeder surf lesson sowas von durchgespült an. I love it…

Auf Maui sitze ich stundenlang am Strand und schaue den lässigen Surfern zu. Ich weiß nicht, was mich mehr fasziniert: Die definierten Bodys der Jungs, oder dass sie so viel Spaß haben. Der Film „Gefährliche Brandung“ mit Keanu Reeves und Patrick Swayze kommt mir in den Sinn. Dieses Leben am Limit, auf der Suche nach der nächsten großen Welle fasziniert mich, als ich mehr in die Surfwelt eintauche. Auf Kauai entdecke ich überall Schilder, „Andy Irons: We love you forever“. Ich finde den Namen online. Ein Surfidol – der Typ sah noch dazu blendend aus – das viel zu früh starb. Und dann sehe ich in Honolulu ein Shirt von Billabong. Langärmlig, eng, rot. Perfekt zum Schwimmen, denke ich mir. Der Verkäufer erklärt mir, dass es ein Surf-Shirt ist. Egal, ich muss es haben. Auf dem Flug nach Neuseeland sehe ich „Point Break“ – mit unglaublichen Surfszenen.

Und hier in Australien befällt mich dann plötzlich die Lust zu surfen. Ich buche also eine Stunde. Wir müssen uns in eine Liste eintragen. Beim Blick auf das Alter der anderen Schüler befallen mich leichte Zweifel. Sie sind alle um die 20. Soll ich mir das jetzt echt antun? Naja, ausprobieren schadet ja nichts. Dann bleibt es halt meine erste und letzte Stunde. Zuerst stelle ich fest, dass die Boards gar nicht so leicht ins Wasser zu bringen sind. Über Kopf schmerzen nach ein paar Minuten die Arme. Lässig unterm Arm lässt sich das Teil auch nur eine kurze Zeit tragen. Wir Mädels sollen besser zwei Boards gemeinsam nehmen. Eine vorne, eine hinten, meint unser Lehrer.

Nach diversen Sicherheitshinweisen bezüglich Haie, Rochen, Unterströmungen, Wellen und einigen weiteren Gefahren machen wir uns an die Trockenübungen. Hände auf Bauchhöhe, einen Fuß anheben, mit dem anderen die Zehen ins Brett krallen (erinnert mich an Yoga), sich hochdrücken, den einen Fuß flach aufsetzen, den anderen mehr als schulterbreit parallel daneben stellen, Hände vorstrecken und unbedingt nach vorne schauen (erinnert mich ans Tanzen: ja nicht auf die Füße schauen, Kopf hoch). Nach ein paar Wiederholungen geht’s endlich ins Wasser.

In Reih und Glied warten wir, bis jeder drankommt, damit unser Lehrer jedem einzelnen das Brett stabilisieren kann. Alleine das Warten ist anstrengend. Nicht nur, dass ich das Teil gerade halten muss. Nein, manche Welle ist so stark, dass es mir fast die Füße wegzieht. Dann ist es soweit, ich lege mich auf das Board, Stefano zählt eins, zwei, drei, und los geht’s. Beim ersten Mal bin ich so überrascht von der Geschwindigkeit, dass ich einfach nur liegen bleibe. Das zweite Mal versuche ich aufzustehen, und lande gleich wieder im knietiefen Wasser. „Don’t go on your tippy-toes“, schallt es mir entgegen. Ach wirklich? Ich stehe auf Zehenspitzen? Kommt vermutlich vom Tanzen, da macht man ja auch halbe Drehungen. Ein weiterer Versuch, noch einer, und noch einer. Wow, ist das schwierig.

Dabei sieht es doch so leicht aus bei den Jungs auf Hawaii. Jedes Mal wieder haut es mich nach kürzester Zeit ins Wasser. Meine Arme schmerzen. Ich merke, dass ich mir mein Sprunggelenk bei einem Abgang leicht geprellt habe. Was soll’s. Nach über einer Stunde im Wasser bin ich fix und fertig, meine Kondition lässt auch zu wünschen übrig, denke ich mir. Und das Zurücktragen des Boards kommt mir wie eine Ewigkeit vor.

Am Abend sitze ich mit Eiswürfel auf meinem Knöchel da, spüre einen beginnenden Muskelkater im gesamten Schulterbereich – und bin einfach nur glücklich. Nicht nur die Athletik dieses Sports begeistert mich, sondern auch, dass das Wasser alle Gedanken wegspült. Fantastisch. Ein gesunder Rausch.

Bei meiner zweiten Stunde schaffe ich es sogar ein paar Sekunden auf dem Brett zu bleiben, und bis an den Strand zu surfen. Ich stehe plötzlich nicht mehr auf Zehenspitzen, dafür schiebe ich die Hüfte noch zu wenig vor. Und die Füße sollte ich noch etwas breiter aufsetzen, meint Surflehrer Antony. Jaja, ich bin schon happy, nicht jedes Mal nach einer Sekunde ins Wasser zu fallen.

Dieses Mal sind die breaks höher. Ich habe zwar keine Angst, aber Respekt. Alleine beim Warten auf die richtige Welle benötige ich meine ganze Kraft, um im hüfthohen Meer stehenzubleiben. Ganz zu schweigen, dass irgendwann die Arme müde werden vom Hochdrücken. Jetzt weiß ich auch, warum die Surfer so trainierte Körper haben. Der Sport ist echt anstrengend, besser als eine Einheit im Fitnessstudio.

Zum zweiten Mal gehe ich total gehighlightet nach Hause. Dort lege ich mir dann den Eisbeutel auf meinen Handballen – und bin wieder sowas von happy!

© Foto: Klaus Horner